Statement des Schlosstheaters zur Einstellung des Loveparade-Strafverfahrens

Am 4. Mai 2020 ist das Loveparade-Strafverfahren eingestellt worden. Damit endet eines der aufwendigsten Strafverfahren der Nachkriegszeit nach knapp zweieinhalb Jahren am 184. Verhandlungstag – ohne Urteil.
Schon länger zeichnete sich ab, dass das Verfahren am 27. Juli 2020 in die Verjährung laufen könnte. Dass nach einer coronabedingten Verhandlungsunterbrechung am 2. April der Strafprozess nun gänzlich eingestellt wurde, macht uns fassungslos. Wir sind empört, zumal der Deutsche Bundestag kurz zuvor am 28. März die Unterbrechung von strafgerichtlichen Hauptverhandlungen während der Corona-Krise von bis zu drei Monaten und zehn Tagen beschlossen hatte.

Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass Prof. Dr. Jürgen Gerlach sein 3.800 Seiten umfassendes Gutachten nicht wie geplant vortragen und durch die Befragung öffentlich werden lassen konnte. Damit wurde nicht nur den Angehörigen und Betroffenen, sondern auch der anteilnehmenden Öffentlichkeit eine wichtige Möglichkeit genommen, ein tieferes Verständnis für die Ursachen der Katastrophe zu erlangen. Auch wenn das Gericht in seinem Einstellungsbeschluss zu der Auffassung kommt, „dass ein öffentliches Interesse an der weiteren Strafverfolgung nicht mehr festgestellt werden“ kann, nehmen wir sehr wohl ein weitergehendes öffentliches Interesse an den strukturellen und systembedingten Ursachen der Katastrophe vom 24. Juli 2010 wahr, die mit dem Begriff eines „multikausalen Geschehens“ nur unzureichend erklärt wird. Wir können nicht akzeptieren, dass sich Verantwortung und Schuld, auf genügend viele Schultern verteilt, zu atomisieren und aufzulösen scheint.

Vermutlich werden sich auf einige der offenen Fragen Antworten im Gutachten von Professor Dr. Gerlach finden. Es wäre dem Aufklärungsanspruch des Gerichts angemessen und würdig, eine Veröffentlichung dieser Erkenntnisse zu ermöglichen.
Wir sind in Gedanken bei all jenen, denen es durch die Einstellung des Prozesses noch schwerer fällt, mit der Katastrophe zu leben.

Unser Recherchestück „Parade 24/7“, das wir aufgrund der aktuellen Situation seit Mitte März nicht mehr spielen konnten, wird ab Ende Juni unter strenger Einhaltung aller Abstands- und Hygienevorschriften für eine reduzierte Zuschauer*innenzahl wieder zu sehen sein.
Infos und Termine dazu folgen bald unter www.schlosstheater-moers.de.

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