„Es ist eine düstere Gemeinschaft, die auf der leeren Bühne im Schloss Aufstellung nimmt und in Regungslosigkeit verharrt. Genauso düster wie der schwarze Vorhang, der die Bühne komplett einrahmt. Es könnte auch eine Beerdigungsgesellschaft sein. Die erste Szene in Ulrich Grebs Inszenierung von Ibsens „Hedda Gabler“ nimmt fast das Ende vorweg, das sich doch erst noch entrollen soll: Das Drama ist vollendet. Es gibt nichts mehr zu sagen. Schwere Stille. Bis das Schweigen doch gebrochen wird. Das manipulative Spiel, das Ibsen inmitten dieser bürgerlichen Gesellschaft mit all ihren Wünschen und Bedürfnissen hineingepflanzt hatte, kann beginnen. (…)
Das Schlosstheater fasziniert mit einem atmosphärisch dichten und fesselnden Kammerspiel um Hedda Gabler, die ihre Ansprüche ans Leben rücksichtslos einfordert und schließlich einen Mann dazu bringt, sich das Leben zu nehmen – weil sie einmal die Macht über das Schicksal eines anderen Menschen haben möchte. Magdalene Artelt gibt Hedda Gabler distanziert, kühl und herablassend. Nur in kurzen Momenten lässt sie die Maske fallen. Sie ist die Zynikerin, die die bürgerliche Sicherheit gesucht hat, weil sie sich „müde getanzt“ hat, der das Leben an der Seite ihres Ehemanns Jörgen Tesman aber nur die Langeweile bietet.“
Anja Katzke, Rheinische Post, 10.09.2016
„Hedda Gabler“ im Schlosstheater Moers wird zum Erlebnis.
„Einmal in meinem Leben will ich Macht besitzen über einen anderen Menschen.“ Die bloße Erniedrigung von Thea Elvsted (Marissa Möller) hat Hedda Tesman, geborene Gabler (Magdalene Artelt) keine Befriedigung gebracht. Jetzt scheint eine Intrige zum Erfolg zu führen. (…) Die Annäherung an „Hedda Gabler“ über Ibsens zweites großes Frauen-Drama „Nora oder Ein Puppenheim“ mag zunächst irritieren. Doch der Ansatz von Regie und Dramaturgie (Anika Stadler) erweist sich im Laufe des knapp zweistündigen Abends als durchaus schlüssig. Ohnehin sind Hedda und Nora letztlich komplementäre Frauengestalten, die den Ausbruch aus der Gesellschaft versuchen und daran scheitern.
Am Schlosstheater geht Greb mutig einen Schritt weiter. Für ihn sind alle Personen mehr oder weniger Spielzeugfiguren, die sich weitgehend fremdbestimmt in ihrer kleinen Welt bewegen. Gleich zu Beginn rollt Privatdozent Jörgen Tesman (Matthias Heße) besagte Puppenstube heran. Er referiert – manchmal frei nach, aber immer mit Ibsen – über seine zurückliegende Hochzeitsreise oder über den von Amtsgerichtsrat Brack (Frank Wickermann) organisierten Hauskauf. (…)
Was fortan in der Puppenstube arrangiert wird und daneben seinen überzeugenden szenischen Ausdruck findet, fügt sich dank der allgegenwärtigen Kamera auf der Leinwand zu einer überwältigenden Einheit. Der Puppenheim-Ansatz und der endlich einmal intelligente Einsatz von Videotechnik/Animationsfilm machen die Moerser „Hedda“ zu einem Erlebnis.
Wolfgang Platzeck, WAZ, 09.September 2016