Die futuristische Prämisse einer Zukunft, in der Patriarchat und binäre Geschlechterzuordnungen verschwunden sind, und in der diese Zeugnisse wie einer Art Freakshow gezeigt werden, ist durchaus witzig. Sie tritt aber in der Wahrnehmung rasch in den Hintergrund. Denn zum einen ist die Präsentation der Texte durch drei männliche und zwei weibliche Schauspieler als Archetypen – Cowboy, Hulk, Elvis, Astronaut und eben, zur Brechung, der Meerjungfrau-Mann – individuell so präzise ausgearbeitet, dass sich aus den Vignetten des Stationendramas letztlich doch eine dramatische Kontinuität ergibt, nicht zuletzt durch den immer wieder von den Darstellern gesuchten Augenkontakt mit dem Publikum. Zum anderen werden eben keine simplen Klischees „toxischer Männlichkeit“ bedient. Dieses Klischee scheint vielmehr bei den meisten der zitierten Männer bereits als Korrektiv im Kopf zu sein.
Dass der Wald, als Aktivismuskampfplatz, wie im Falle des Hambacher Forsts, oder als Symbol für „Erdverbundenheit, Kraft, Standhaftigkeit, Treue“ oder sogar als Sehnsuchtssterbeort immer wieder in den Monologen auftaucht, ist zweifellos auch der Umgebung geschuldet, in der sie entstanden. Allein waren die Männer jedenfalls nicht, als sie all diese assoziativen Dinge sagten. Die entstanden im Gespräch mit einer Frau. Allein sind diese Männer nur, wenn die Essenz ihres Selbstbilds performativ gebündelt und ausgestellt wird. Das könnte leicht denunziatorisch wirken. Tut es aber nicht, weil es in Zauns Einrichtung ihres Textes weder eine offensichtliche Agenda gibt, noch je eine Verurteilung dessen stattfindet, was da erzählt wird: von verunglückten Versuchen, die kleine Tochter zu erziehen, von Immobiliensorgen, unterdrückten Gewaltfantasien, Angst vor der Polizei oder vom Neid auf die überlegene Männlichkeit des Bruders, der „superkräftig“ ist, „weil er in seiner Jugend halt die ganze Zeit immer irgendwelche Motoren rumgewuchtet hat“.
Susanne Zaun ist nicht nur ein durchgehend spannender, facettenreicher Abend über die Zerbrechlichkeit moderner westlicher Maskulinität geglückt. Sie löst zugleich auch tatsächlich die eigene Prämisse von „Männer allein im Wald“ ein, indem sie ein Dokument geschaffen hat, eine Zeitkapsel für die Zukunft.
(Alexander Menden, Süddeutsche Zeitung, 1. Juni 2021)